Motivation für "Wiedereinsteiger" mit Suchtproblem — German

Motivation für "Wiedereinsteiger" mit Suchtproblem

NikaIris
NikaIris Beiträge: 120 Member
bearbeitet Dezember 2020 in Motivation und Unterstützung
Hallo,

ich bin die Veronika, 38 Jahre und war leider wieder rückfällig. ;)
Zu meinen Daten: Ich bin 1,73m groß und habe zu meinen Höchstzeiten fast 100 Kilo gewogen. Als ich einmal die 95 da gesehen habe, habe ich mich allerdings ne Weile nicht mehr gewogen, deswegen weiß ich das absolute Höchstgewicht nicht. :#

2017 auf 2018 ist bei mir im Leben sehr viel passiert (habe mich aus einer unglücklichen Beziehung befreit, eine super toxische Freundin gekickt, meine Traumfrau kennengelernt und bin mit ihr zusammengezogen). Da habe ich - fast nebenbei - 30 kg abgenommen. Okay, so ganz nebenbei war es nicht, ich habe natürlich weniger gegessen und mich bewusst mehr bewegt. Fitnessstudio mag ich nicht, aber ich bin viel und recht flott spazieren gegangen. 2018 war ich so bei etwa 62/63kg und habe mich damit ziemlich wohl gefühlt.

Die Traumfrau und ich sind jetzt verheiratet und leben auch immer noch vegan, kochen auch alles selbst und laufen tue ich immer noch viel. Aber leider, habe ich meine furchtbare Angewohnheit zu snacken wieder aufgenommen. Ich dachte halt, ich hätte das mit der Schokolade inzwischen unter Kontrolle und würde es diesmal schaffen wirklich nur ein Stück zu essen.
Haha... ha.. ha...

Also diesen Traum muss ich mir in diesem Leben wohl leider abschminken. Zwei Jahre habe ich das probiert "entspannt und intuitiv zu essen" und das Ergebnis ist, dass ich leider konstant zugenommen habe und neulich völlig entsetzt feststellte, dass die Waage 75,5kg anzeigt. Das heißt den gesunden BMI hatte ich auch schon wieder verlassen. Und von wohlfühlen ist auch keine Rede mehr.

Es sind bei mir nie die drei Hauptmahlzeiten, sondern immer eher das "Snacking" zwischendurch. Auch wenn wir keine Süßigkeiten kaufen, rühre ich mir dann doch oft einfach Haufenweise Zucker zu Haferflocken oder löffel Marmelade aus dem Glas oder esse notfalls Zucker pur. (Die Sucht... schmecken tuts ja nicht wirklich...)
Seit zwei Wochen bin ich jetzt wieder dabei. Ich tracke keine Kalorien, sondern esse halt nur unsere drei Hauptmahlzeiten (dank Meal prepping sind die ziemlich genau portioniert und ich weiß auch genau was drin ist). Und ich versuche mich jeden Tag wieder mehr zu bewegen und wenigstens die 10k zu laufen. Was mir echt schwerfällt, denn ich hasse Kälte und Winter und Schnee und bin dann noch fauler als sonst.
Damit habe ich tatsächlich auch 2k abgenommen, zumindest hat die Waage heute morgen 73,4 angezeigt. :)

Jetzt kommt aber die ganze Adventszeit und davor habe ich tierisch Bammel. Denn wenn es irgendeine Zeit im Jahr gibt, wo es wirklich überall Süßkram gibt, dann natürlich im Dezember.
Das Problem ist, dass ich es nicht aushalte mit Süßigkeiten oder Kuchen in einem Raum zu sein ohne es zu essen. Zuhause geht es gut, weil wir da sowas nicht da haben (außer eben puren Zucker). Aber auf der Arbeit oder bei Besuchen ...

Ich habe schon psychologische Hilfe deswegen gesucht, aber die meisten Psychologen verstehen mein Problem nicht. Ich kann wirklich nicht in einem Zimmer sein mit Süßkram und es NICHT essen. Wenn ich es versuche, bin ich irgendwann nassgeschwitzt vor Anspannung, fange an zu zittern und irgendwann zu heulen. Und an irgendwas anderes denken kann ich sowieso nicht. Also bei der Arbeit z.b. undenkbar.

Kennt das irgendjemand auch? Bin ich wirklich ganz allein mit dem Problem? Oder hat dafür irgendjemand Tipps?
Mir graut es grade wirklich vor Dezember...

[Edit:] Meine Frau meint, dass ich eine emotionale Esserin bin (und das kann gut sein) und dass mit dem Essen viele Gefühle runterschlucke, die grade nicht passend oder akzeptabel sind. Und sobald ich nicht esse, kommen sie alle hoch und überfluten mich.

Kommentare

  • ThomasBWE
    ThomasBWE Beiträge: 2,649 Member
    Wenn Du nicht Du wärst, sondern es wie eine Außenstehende betrachten würdest, was würdest Du Dir selber raten? Es ist an Dir, Deine Entscheidungshoheit über Dich selbst zu verteidigen bzw. zurückzuerlangen. "Mind over Matter" zu leben. Das kann Dir keiner abnehmen. Sucht ist zwanghaftes Verhalten. Kontrollverlust durch Einbildung und Nachgeben von bzw. zu im Grunde fiktiven Bedürfnissen. Der einzige Weg zu entkommen ist, das als destruktives Verhalten erkannte Muster schlicht zu unterlassen. Ja, das ist verdammt schwer. Unsere Wahrnehmung ist da sehr trickreich, und auch die Argumentationsfertigkeiten unserer Selbsttäuschungs-/Selbstbelügungsmaschinerie nahezu überragend. Keine Frage. Aber wer aus der Hölle will, muss immer durchs Feuer.... Am besten Du stelltst Dir eine Packung Dominosteine auf den Tisch und nimmst Dir vor, keinen davon zu essen. Egal, was Dein "Verstand" (eigentlich dein ES) Dir einreden will. Wenn Du es schaffst, dass Dein Über-Ich gewinnt, stärkt das vielleicht Dein Selbstbewusstsein.... Manche Raucher auf dem Weg zum Nichtraucher stecken sich ja auch bewusst eine volle Packung ein, um sich zu beweisen, dass ihr Willen beherrschbar und stärker als der Drang ist... Es gibt aber kein universales Rezept um dem, was man in dem Moment will, mit dem, was man langfristig/dauerhaft will, zu begegnen. Darauf läuft es aber letztlich hinaus.

    Im Übrigen gibt es ja noch Suchtberatungsstellen. Suchtmechanismen sind ja nur in der Art der Ausprägung (z. B. Fress-, Spiel-, Sex-, Alkohol- und Drogensucht) unterschiedlich, nicht jedoch in der grundsätzlichen Wirkungsweise.... Man muss die Entgleisung des internen Belohnungssystems wieder in den Griff bekommmen. Man sagt ja, dass man mit zunehmender Labilität empfänglicher für solche Entgleisungen und damit für Suchtbverhalten ist. Schätzt Du Dich als labil ein?!? ;)
  • NikaIris
    NikaIris Beiträge: 120 Member
    Ich glaube, ich bin tatsächlich sehr labil. Früher habe ich das nie so gemerkt, weil ich mir da immer recht stabil und gelassen vorkam und sehr viel mit einem Lächeln hingenommen habe.

    Aber seit ich keine Schokolade mehr esse, habe ich so ziemlich jeden Tag mindestens einmal wegen irgendwas geheult und ich schaffe meine Arbeit grade gar nicht, weil ich die ganze Zeit einfach nur fertig bin. In gewisser Weise habe ich das Gefühl, ich würde allen einen Gefallen tun, wenn ich mich wie früher vollstopfe und brav weiterfunktioniere. Aber das will ich diesmal nicht.
    Ich hoffe sehr, dass das irgendwann besser wird.

    Ich hatte selbst mal einen Alkoholiker als Patienten, bei dem das ähnlich war. Daran erinnert mich das grade. Er hat angefangen zu trinken, weil er in einer sehr belastenden Zeit seines Lebens (demenzkranke Mutter, krankes Kind, hohe Schulden, beruflich enormer Druck, Ehekrise, etc.) einfach funktionieren MUSSTE. Es hingen so viele Menschen davon ab, dass er funktioniert und sich um sie kümmert, dass er einfach nicht zusammenbrechen konnte - sonst hätten sie das Haus verloren und er den Job und seine Mutter hätte in ein Pflegeheim gemusst (was sie sich nicht hätten leisten können). Und der Alkohol hat ihm geholfen das durchzustehen. Für andere, gesündere, Kompensationsmechanismen wäre gar keine Zeit gewesen.
    Als diese Krise sich irgendwann stabilisierte, merkte er aber, dass er inzwischen nicht mehr aufhören konnte zu trinken.

    Ich müsste vermutlich rausfinden, was bei mir ausgelöst hat, dass ich Essen immer als Stimmungsstabilisator nutze. Ich merke auch, dass der Druck deutlich geringer ist, wenn ich viel Zeit habe - dann kann ich spazieren gehen oder Sport machen oder lesen. Aber sobald ich Stress habe und die Zeit für diese Kompensationsmechanismen wegfällt, wird der Druck fast übermächtig und das ist dann der Punkt wo ich anfange zu weinen und zusammenklappe. Das ist absolut ätzend im Job, aber irgendwie habe ich das Gefühl, ich muss da jetzt durch.
  • bluefresh92
    bluefresh92 Beiträge: 355 Member
    > @NikaIris schrieb:
    > Ich glaube, ich bin tatsächlich sehr labil. Früher habe ich das nie so gemerkt, weil ich mir da immer recht stabil und gelassen vorkam und sehr viel mit einem Lächeln hingenommen habe.
    >
    > Aber seit ich keine Schokolade mehr esse, habe ich so ziemlich jeden Tag mindestens einmal wegen irgendwas geheult und ich schaffe meine Arbeit grade gar nicht, weil ich die ganze Zeit einfach nur fertig bin. In gewisser Weise habe ich das Gefühl, ich würde allen einen Gefallen tun, wenn ich mich wie früher vollstopfe und brav weiterfunktioniere. Aber das will ich diesmal nicht.
    > Ich hoffe sehr, dass das irgendwann besser wird.
    >
    > Ich hatte selbst mal einen Alkoholiker als Patienten, bei dem das ähnlich war. Daran erinnert mich das grade. Er hat angefangen zu trinken, weil er in einer sehr belastenden Zeit seines Lebens (demenzkranke Mutter, krankes Kind, hohe Schulden, beruflich enormer Druck, Ehekrise, etc.) einfach funktionieren MUSSTE. Es hingen so viele Menschen davon ab, dass er funktioniert und sich um sie kümmert, dass er einfach nicht zusammenbrechen konnte - sonst hätten sie das Haus verloren und er den Job und seine Mutter hätte in ein Pflegeheim gemusst (was sie sich nicht hätten leisten können). Und der Alkohol hat ihm geholfen das durchzustehen. Für andere, gesündere, Kompensationsmechanismen wäre gar keine Zeit gewesen.
    > Als diese Krise sich irgendwann stabilisierte, merkte er aber, dass er inzwischen nicht mehr aufhören konnte zu trinken.
    >
    > Ich müsste vermutlich rausfinden, was bei mir ausgelöst hat, dass ich Essen immer als Stimmungsstabilisator nutze. Ich merke auch, dass der Druck deutlich geringer ist, wenn ich viel Zeit habe - dann kann ich spazieren gehen oder Sport machen oder lesen. Aber sobald ich Stress habe und die Zeit für diese Kompensationsmechanismen wegfällt, wird der Druck fast übermächtig und das ist dann der Punkt wo ich anfange zu weinen und zusammenklappe. Das ist absolut ätzend im Job, aber irgendwie habe ich das Gefühl, ich muss da jetzt durch.

    Es ist nicht zwingend notwendig, herauszufinden, was das „Verlangen“ bzw. die suchtähnlichen Verhaltensweisen nach gewissen Lebensmitteln auslöst. Diese Art von Lebensmitteln kommen so nicht in der Natur vor, weshalb man dazu neigt, sich an diesen zu überfressen.
    Ich kann dir nur aus eigener Erfahrung raten, dass du dich selbst analysierst und versuchst, mit einer anderen Sichtweise an die Sachen, die dich belasten, heranzugehen. Du hast es schon einmal geschafft, dich aus einer toxischen Beziehung zu befreien und lebst nun mit deiner Traumfrau zusammen. In diesem Lebensbereich hast du es doch schon geschafft, dich vom Negativen zu lösen und dein Leben mit etwas schönem zu bereichern! Warum sollte es dann nicht auch in anderen Bereichen möglich sein? Jeder Mensch empfindet gewisse Situationen anders- Lazarus hat in seinem Stressbewältigungsmodell vereinfacht gesagt folgendes beschrieben: wenn dich etwas stresst oder belastet, verändere entweder deinen Bezug zur Situation (emotionsorientiert) oder ändere die Situation (problemorientiert). Ich habe ein (Ähnliches?) Problem, mein Arbeitskollege (wir arbeiten nachts nur zu 2) meint es öfters mal „gut“ und bringt auch tonnenweise Gummibärchen, Kekse usw. mit, obwohl ich ihm regelmäßig sage, dass ich das nicht möchte. Gummibärchen sind meine Schwäche, ich vertrage Industriezucker aber wegen meiner chronischen Hauterkrankung nicht und büße es, falls ich doch mal mitgegessen habe, mit Juckreiz und Hautausschlägen dass Gott erbarmt. Wenn ich kurz davor bin, schwach zu werden, verlasse ich den Raum und sage mir selbst, dass ich stark genug bin und das nicht esse. Später lobe ich mich selbst dafür, dass ich stark genug war und nichts gegessen habe. Hört sich vielleicht albern an, aber es hilft. 😃
  • Sissi_Krems
    Sissi_Krems Beiträge: 302 Member
    Falls das irgendwie hilfreich ist, ich habe gerade mit dem Rauchen aufgehört und mir hat einerseits tatsächlich das auch geholfen was @ThomasBWE geschrieben hat: ich habe Zigaretten einstecken.
    Ich habe auch für mich von Anfang an entschieden, dass es mir ums reduzieren geht und nicht um ein komplettes Verbot. Das heißt ich habe mir einerseits vor Augen geführt wie die Zigarette meinen Körper tatsächlich noch mehr stresst und andererseits, dass die Zeit die ich da drauf verschwenden würde jetzt über bleibt um die stressige Situation zu bewältigen.

    Ich habe am Anfang auch gelegentlich Lust auf eine Zigarette gehabt, habe dann tatsächlich eine geraucht, aber halt nur eine. Irgendwann hat mir die ganze nicht mehr geschmeckt und ich hab halt tatsächlich nach zwei Zügen ausgedämpft (was für ne Geldverschwendung 🙄). Inzwischen bin ich rauchfrei seit bald 2 Monaten und gerade wenn ich Bier oder Wein trinke überkommt es mich immer noch. Es fällt manchmal schwerer und manchmal leichter. Es ist mir bewusst, dass das noch länger so sein wird, aber inzwischen habe ich für alle Fälle eine logische Begründung parat warum das nicht rauchen schlussendlich immer die bessere Entscheidung ist 🤷‍♀️ ob dir das hilft weiß ich nicht, aber Sucht ist Sucht, egal nach was.

    Es gibt meiner Meinung nach auch keine perfekte allgemeine Lösung. Für manche ist radikal besser, für manche die langsame Entwöhnung und für andere das nicht verbieten sondern reduzieren. Vielleicht auch einfach die verschiedenen Varianten ausprobieren. Musste ich beim Rauchen auch, da mein Umfeld leider sehr viele Raucher beinhaltet. Da war das Verbieten ein Krampf, weil alle anderen dürfen ja. Da kam das kleine trotzige Kind in mir zum Vorschein 😇 Deshalb hab ich nach und nach Situationen definiert in denen ich nicht mehr rauchen werde, weil (logische Begründung). Am Anfang keine mehr aus Langeweile, dann keine mehr weil ich auf etwas warte, dann nicht mehr nur weil mich jemand fragt ob ich mit gehe. Dann nicht mehr in Stresssituationen (das war das schwierigste, aber schon leichter nach all den anderen gemeisterten Situationen) und mit Alkohol im Spiel Kämpfe ich immer noch 🙈 Gewinne aber meistens durch Logik, außer der Alkohol Pegel ist so hoch, dass jegliche Logik vergessen wird. Kommt allerdings einmal im Monat vor, wenn überhaupt und wie ich das bereue am nächsten Tag 🙄 auf so vielen Ebenen...